Tag 1 – Szeged -> Pusztaszer

Der Weg führte in Szeged auf Fahrradwegen und anschließend über Landstraßen Richtung Sándorfalva und später Pusztaszer. Radwege gab es kaum. Aber zum Glück gab es wenig Verkehr zwischen den Dörfern.
Das Fahrradverbotsschild kurz vor dem Eisenbahnübergang sollte man übersehen.



Flug und Ankunft in Szeged:

Geflogen bin ich mit Wizz-Air von Dortmund nach Budapest. Dann mit dem Zug weiter nach Szeged.
Der Flug kostete mich 59 EUR. Dazu kamen 20 EUR Gepäck und 30 EUR für ein Sportgerät hinzu.
Das Sportgerät war natürlich der Roller. Einige Tage zuvor holte ich mir bei einem Fahrradgeschäft einen Karton. Leider passte der Roller nicht rein und ich musste beide Reifen abmontieren. Das ganze umwickelte ich mir Folie und ordentlich Klebeband. Ob die Luft aus den Reifen rausgelassen werden muss, ich weiß es nicht. Einmal lese ich nein, dass das blödsinnig ist, Wizz-Air meinte es wäre ratsam und wo anders heißt es, es sei Pflicht wegen den Druckverhältnissen. Ich habe nur ein bisschen Luft raus gelassen, da ich keine Lust hatte später die mit meiner Miniluftpumpe aufpumpen zu müssen.

Das Gepäck war eine alte Reisetasche wo ich alles wie Zelt, Fahrradtaschen, Schlafsack etc. verstaut habe. Ein wenig nahm ich noch als Handgepäck mit.
Es gab keine Probleme am Flughafen, nur dass ich k. A. hatte wo ich hin musste und an welche Schlange ich stehen durfte. Andere Leute schauten mich an, da die selten jemanden mit so einem großen Gepäck gesehen haben. Aber an Blicke anderer musste ich mich schon gewöhnen, denn in Ungarn wird das viel extremer. Der Flug dauerte knapp über eine Stunde.
In Budapest ging ich so schnell wie möglich mit all den Klamotten aus dem Flughafen raus und fing an den Tretroller zusammen zubauen und dann zu bepacken. Dies dauerte ca. 1 Std (Entpacken, Gepäck umräumen, Schrauben suchen, Bremsen einstellen etc.). Leider war ich nicht in der Lage die Vorderbremse richtig einzustellen und die schliff manchmal am Vorderrad. Als ich bis auf die Bremse fertig war, musste ich irgendwie zum Bahnhof Ferihegy kommen. Den Karton und die Taschen gab ich einer Putzfrau die zufällig dort am putzen war.
Ich erfuhr dass der Bahnhof am Terminal 1 sein soll, ich befand mich am Terminal 2.
Ich fragte mich auf englisch durch die Leute und erfuhr dass ich mit einem Bus dahin fahren sollte. Blöde ist nur, dass dort viele Busse standen. Ich fragte einen Fahrer noch mal und er stimmte mir zu, dass dieser Bus der richtige sei. Der Preis betrug ca. 800 Forint (ca. 2,60 EUR). Schlauerweise war ich zuvor am Geldautomaten im Flughafen und hob mal eben 20.000 Forint (ca. 64 EUR) ab, da ich keine Ahnung hatte was auf mich zu kam. Solche Summen wollte ich eigentlich nicht abheben. Ich bekam den Betrag als ein Schein ausgezahlt. Warum aber Automaten Beträge wie 19.000 oder 9.000 anboten, auf den schlauen Gedanken kam ich erst viel später. Bisschen Kleingeld hätte mir gut getan.
Ich packte den Roller in den Bus und zuckte den Schein dem Busfahrer entgegen. Der schaute den Schein und dann mich an, dann lachte er und winkte mich einfach nach hinten. Ich bedankte mich und ging zum Roller.
Nach einer ca. 10 min. Fahrt sagte er, dass ich am Ziel sei und hier aussteigen sollte. Gleich auf der anderen Seite sah ich schon den Bahnhof.
Am Bahnhof angekommen schaute ich auf mein Ticket und sah dort Gleis 2, Abfahrt aber erst in eineinhalb Stunden. Aber es gab nur Gleis A und Gleis B. Also musste ich auf Gleis B, logischerweise. Ich unterhielt mich noch mit hängen und würgen mit einem Herr, der 4 – 5 poln. Wörter konnte und auf seinen Sohn wartete. Ich sprach ihn wegen den Gleisen an und ob ich überhaupt hier richtig bin. Er wusste es selber nicht. Sein Sohn könnte mir aber helfen. Der kommt in 10 Minuten. Aber das hat sich dann eh erledigt, da ein früherer Zug auf meinem Gleis einfuhr, genau der selbe mit dem ich auch fahren sollte. Das Teminal 1 wird nicht mehr benutzt, erzählte er mir, oder so weit ich das verstanden habe.
Auf den kleinen Bahnhöfen gibt es in Ungarn selten Fahrstühle, so mit musste ich den Roller die Treppen hoch tragen um auf das andere Gleis zu kommen. Das ganze Gepäck, was ca. 12 kg wog, war vorne gelagert. Das ganze Hinterteil des Rollers schlug mir permanent auf die Beine. Das selbe Spielchen dann noch mal beim runter tragen. Das war richtig hart.
Es gibt noch für Fahrräder diese Rinnen seitlich an den Treppen. Aber der Roller war vorne zu schwer beladen, so dass das Hinterteil in der Luft schweben würde.
Unten aß ich was, hatte aber kaum Appetit, die Aufregung war zu groß. Durst hatte ich auch viel, hatte aber nichts mit. Ich dachte mir, ich hole mir was unterwegs, irgendwo ist ja bestimmt eine Bude. Leider war das nächste Geschäft 500 – 1000 m entfernt (nach meiner Einschätzung). Alleine wollte ich den Roller nicht da lassen und noch mal hoch tragen wäre zu anstrengend. Naja, in 3 Std wäre in ja in Szeged. Dann wartete ich ca. 1 Std auf den Zug, der dann aber recht pünktlich ankam.
Ich suchte direkt das Fahrradabteil. Ich ging die Stufen mit dem voll bepacktem Roller hoch und quetschte mich durch eine sehr enge Tür und dann Richtung Fahrradabteil wo ich den Roller aufhängen konnte. Während die Tür noch offen war, fuhr der Zug schon los. Ich war aber drin. Die Taschen nahm ich mit und suchte mir in dem leeren Zug einen guten Platz. Es war die ganze Zeit schwül heiß, so dass ich total nass im Zug saß. Ich genoss die Fahrt und ruhte mich aus, ich war halt durch die Fahrt sehr aufgeregt und vor allem durstig.

Ungefähr 10 Min. vor der Ankunft ging ich zum Roller. Mir fiel auf, dass man bei dem IC während der Fahrt die Türen einfach so öffnen konnte. In Deutschland undenkbar. Im Fahrradabteil fiel mir noch auf, dass es dort eine große Schiebetür gibt, so wie man das aus Film kennt, wo noch ein Tramper in den Zug springt. Der Zug hielt an und ich schob die Tür zur Seite, sprang mit den Roller runter (es gibt keine Stufen) und sprang nach und nach mit meinen Sachen runter. Leider fiel mir auf, dass das hintere Schutzblech gebrochen war und die Schraube konnte es dadurch nicht mehr halten, es war also lose. Es musste wohl beim reinquetschen in den Zug passiert sein.
Ich wollte nach Szeged-Rókus‎, da ich von den Ort aus recht einfach alles finden konnte. Hatte ja keine richtige Karte für die Stadt. Ich musste noch umsteigen. Leider hatte mein Zug Verspätung, so dass ich ca. 1 Min. hatte um umzusteigen. Kurz gefragt wo der Zug ist und ich hüpfte in einen modernen klimatisierten Zug rein mit dem ich ca. 10 Min. fuhr.
Der Schweiß lief mir richtig runter, ich war klatsch nass, hatte Durst und Hunger.
In Rókus‎ hatte ich endlich keinen Stress mehr und fuhr Richtung Innenstadt wo ich zum Touristen-Info wollte, um mir eine kostenlose Fahrradkarte für ganz Ungarn zu holen. Es gibt in Szeged Fahrradwege, was mir Freude bereitete. Die Stadt schien mir recht verlassen und das an einem sonnigen Samstag Nachmittag (ca. 16 Uhr). Viele kleine Geschäfte hatten schon zu. Unterwegs fand ich eine kleine Trinkhalle, juhu, Trinken! Ich nahm einen Apfelsaft und Wasser, legte es an die Kasse und zog wieder meinen 20.000-Schein hervor. Der Herr schüttelte den Kopf, was hieß, dass er nicht wechseln konnte. Also fuhr ich enttäuscht weiter.
Nach ein paar wenigen Kreuzungen stand ich da und starrte in die Wegbeschreibungs-Karte um zu schauen ob ich richtig bin. Dann kam ein junger Mann zu mir und fragte auf ungarisch, ob er mir helfen kann. Ich sagte, dass ich nur englisch, polnisch oder deutsch kann. Er sprach ein wenig deutsch und sagte, dass ich richtig sei.
Unterwegs fand ich dann endlich einen kleinen Tesco-Laden (Tesco ist eigentlich so groß wie Real und hat 7 Tage 24h am Tag hoffen, also immer) in dem ich endlich was zu trinken kaufen konnte. Einen Liter von irgendeinem Saft trank ich direkt aus. Die restlichen beiden Wasserflaschen packte ich in die Fahrradtaschen.
Am Touristen-Info ankommen stand ich vor einer verschlossenen Tür, Samstag haben die geschlossen.
Also fuhr ich Richtung eines Fahrradgeschäftes damit dort meine Bremse richtig eingestellt wird und stand auch dort vor geschlossener Tür. Ich fuhr dann Richtung Pusztaszer. Unterwegs sah ich noch 2 geschlossene Fahrradgeschäfte.

Kurz vor Stadtende, als ich auf die Karte schaute, kam ein Mann zu mir und schaute sich mein Fahrrad an und wunderte sich über meine Pedalen, die fehlten. Er sagte was auf ungarisch. Ich meinte nur auf englisch, „don’t understand“. Er schaute noch ein wenig und fuhr weg.

Fahrt nach Pusztaszer:

Der Weg führte über Landstraßen. Kurz nach Szeged kam ein Verbotsschild für Fahrräder. Aber ich sah wie ein anderer Fahrradfahrer mir entgegen kam. Ich fuhr also dennoch los. Wenige Kilometer danach kam auch schon ein Radweg.
Interessant fand ich, dass die Autofahrer wirklich auf die Radfahrer achten, die überholen langsam oder mit einem Abstand. Wenn es sein muss, fahren sie auch einem hinter her. So mit war meine Angst viel kleiner.
Unterwegs im Dorf SándorfalvaIch fuhr ich über einen Buckel und meine Seitentasche (auf dieser Tour lernte ich, wie wichtig es ist dass Taschen richtig fest sitzen) löste sich dabei kurz vor einem Obstverkäufer. Ich stieg ab, hängte alles ab, hing die Tasche auf, packte mein Zelt etc. da drauf. Der Obsthändler schaute mich an. Ich lächelte und sagte Hallo! Er sagte was auf ungarisch, deutete auf den Roller. Ich sagte nur Szeged Start und Poland (machte dabei eine Geste die ein Ende deutete). Er verstand mich. Ich fragte noch ob ich auf dem richtigen Weg bin und wie viele Kilometer es noch seien. Es waren noch ca. 13 km entfernt bis Ópusztaszer. Wir unterhielten uns tatsächlich noch einige Minuten und er gab mir 2 Aprikosen für unterwegs. Ich war echt sprachlos wie nett jemand zu einem fremden sein kann. Ich aß direkt eine. Sie war sehr lecker! Die andere wollte ich später essen.
Mein erstes Ziel war ein kleiner Camping-Platz für Tramps bzw. Rucksacktouristen, oder wie die auch alle heißen mögen, kurz hinter Pusztaszer. Kurz vor Ópusztaszer sah ich eine riesige Weide mit vielen Pferden. „Hier bin ich richtig“, sagte ich mir. Genau das wollte ich sehen, ich bekam wieder ein wenig Motivation. Ein kleines Ziel sei erreicht und zwar das ich das ganze tatsächlich durchgezogen habe. Ich fuhr dann weiter. „Morgen werde ich aber hier wieder hin fahren um den Nationalpark zu besuchen„, dachte ich mir noch.
Die Straßen hier ziehen sich unglaublich lang. Sie sind sehr gerade, kaum Kurven. Außerdem herrscht hier im Moment sehr wenig Verkehr.

In dem Dorf Pusztaszer (mein Ziel) erntete ich sehr viele Blicke, da ich auf so einem eigenartigem Fahrrad unterwegs war. Natürlich winkte ich zurück und sagte Hallo.
Ich habe mir einige Kartenausschnitte zuvor ausgedruckt und fuhr danach. Unterwegs holte mich eine Frau auf ihrem Fahrrad ein und wir unterhielten uns ein wenig auf englisch. Leider konnte sie das nicht so gut. Sie zeigte mir den Weg wo ich abbiegen sollte (aber ich denke sie wusste nicht so richtig von dem Camping-Platz. Sie schickte mich leider oder doch glücklicherweise in einen falschen Weg). Ich bog links ab und sah einen Bauern mit nacktem braunen Oberkörper da stehen. Ich fragte ihn nach dem Camping-Platz, er kannte den auch nicht. Ich sagte nur Sátor (dt. Zelt), Camping und machte Schlaf-Andeutungen. Er zeigte mir eine Geste mit der Hand, dass ich kurz warten soll.
Er kam mit einem Telefon und seiner Tochter aus dem Haus. Seine Frau kam kurz danach auch hinzu. Er gab mir das Telefon. Dort war ein engl. sprachiger Mann am Hörer. Er fragte mich: „You are a tramp“? Ich antwortete nach ganz kurzem überlegen: „Yes“! Er sagte dann: „You can sleep any where you want.“ Schön, dachte ich, aber ich will nicht überall schlafen, will auf den Camping-Platz. Ich dachte er will mich nur informieren, dass ich in Ungarn überall schlafen kann. Ich verstand ihn leider nicht so gut, was er mir sagen wollte. Ich gab den Hörer dann den Bauern. Er sprach noch kurz was am Telefon und legte auf. Die Familie bewunderte noch mein Rad. Der Mann ging ins Haus und kam kurz darauf wieder raus, führte mich dann ein wenig weiter. Ich dachte mir, dass das vielleicht das der Camping-Besitzer war? Ca. 50 – 80 Meter weiter machte er an einem anderen Bauernhof das Tor auf und ich verstand endlich was los war. Der engl. sprachige Mann war der Besitzer des Nachbargrundstücks. Ich konnte also überall auf seinem Grundstück schlafen, wo ich wollte. Natürlich war ich glücklich, ich hatte einen sicheren Platz gefunden. Wer weiß wie weit es zum Campingplatz noch war, zudem, mein erster Tag in Ungarn und schon werde ich mit Nettigkeiten überschwemmt. Ich baute kurz hinter dem verlassenen Haus an einem Baum mein Zelt auf. Der Bauer zeigte mir einen Brunnen, der leider mit Nägeln verschlossen war. Dort hätte ich mich waschen können.

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Er brachte mir dann einen Eimer Wasser. Ich bedankte mich mehrmals, ich sah in seinen ein wenig mandelförmigen Augen Freude (asiatische Abstammung?), dass er mir helfen konnte. Er wollte mir sogar noch den Schlüssel für die verlassenen Gebäude geben, damit ich dort drin schlafen konnte. Ich lehnte aber ab, draußen habe ich mehr Freude. Ich baute also mein Zelt auf und legte mich dort hinein.

Ich liege jetzt im Zelt, der Himmel ist grau-rot. Man hört nichts außer die Grillen. Eine wunderschöne Stille. Ich denke viel über den heutigen Tag nach. Ich kann es mir kaum vorstellen, dass ich heute erst gegen 5 Uhr noch in Deutschland aufgestanden bin und mich für die Reise so weit fertig gemacht habe. Ich denke dass ich heute ganz gut schlafen werde. Die ganze Aufregen wegen der Reise, Vorbereitungen auf die Fahrt, Stress auf der Arbeit und noch viel Stress zu Hause brachte mir sehr viele schlaflose Nächte. Doch ab jetzt fängt meine Erholung an, weit weg von zu Hause, völlig auf mich allein gestellt, jetzt kann ich richtig abschalten und mich neuen Problemen und Herausforderungen widmen. Im Moment bin ich müde und erschöpft. Ich schließe gleich meine Augen und lausche der Natur bis ich einschlafe…