Mein heutiges Ziel sollte Genthin sein, das liegt zwischen Burg bei Magdeburg und Bandenburg.
So gut wie diese Nacht habe ich lange nicht mehr geschlafen. So still und so schöne Luft, ich weiß nicht wie viele Stunden ich geschlafen habe, es waren aber sicherlich 9 – 10. Gepackt ging es weiter Richtung Bäcker der gleich vor Ort offen war. Gegessen und Kakao getrunken ging es mit einem Bein weiter. Mein Knie tat morgens kaum weh, allerdings wollte ich es nicht zu stark belasten. Natürlich hoffte ich auch, dass mein rechtes Knie die ganze Belastung mit macht, bisher aber schon, braves Knie 🙂
Nach Königslutter, ging es weiter Richtung Helmstedt. Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor. War da nicht was mit der Grenze? Aber bevor ein Grenzposten zu sehen war, gab es auch paar andere Sehenswürdigkeiten.

Dann kam die Grenze, auf dem Bild ein ein Posten zu sehen, es steht dort einsam und allein an einer Landstraße, natürlich ohne Fahrradweg!

Nach Helmstedt fuhr ich Richtung Magdeburg, ich wollte nördlich drüber wegfahren, am Kanal dann Richtung Burg von Magdebrug dann Genthin. Es ging es immer noch ein wenig Rauf und Runter, auf dem Foto sieht man den erhitzen Asphalt und wie hoch es manchmal ging.

Ich fuhr von einem Dorf zum nächsten, diese ganzen Dörfer in der ehem. DDR sind wirklich wie ausgestorben. Ich fuhr von Dorf zu Dorf, also vom Kleinziel zum Kleinziel. Es war manchmal schwierig Menschen zu finden, viele leere Gebäude und leere Fabriken.

Viele Städte heißen hier was mit Leben (Eimersleben, Erxleben, Alvensleben, Nordgermaersleben, Rossmersleben, Schackensleben, etc.). Der Name wurde wahrscheinlich aus dem schwedischen bzw. dänischen Namen lev oder löv übernommen, was „überlassenes“ oder so was in die Richtung wie „Erbe“ bedeutet. Wahrscheinlich wurde später durch die Völkerwanderung im Mittelalter das in „Leben“ einfach übersetzt. Geklärt ist das aber nicht, kann sein, dass sich das auch parallel dazu entwickelt hat.
Wie dem auch sei, ich fuhr von Dorf zu Dorf und bekam auch noch Hunger und es war nichts hier. Ich fragte dann eine Frau nach einem Lokal, 2 Kilometer weiter soll eines sein, also schnell hin! Leider wegen Urlaub geschlossen, also wieder zurück in das nächste Dorf. Das Dorf war wie ausgestorben, also weiter, wenige Kilometer in das nächste Dorf. Ich war ganz nah der A2, irgendeine Ausfahrt ist hier. Ich erfuhr, dass es in diesem Dorf eine Pommesbude gab, Rettung! Schnell hin, mein Magen knurrte und ich hatte schon wenig Kraft, ich musste was essen! Ich kam an und sah ein Schild „Wegen Urlaub bis xxx geschlossen“, na toll! Ein Mann sagte mir dann, es gibt noch einen kleinen Laden im Dorf, schnell hin und sehe da, er ist offen!!! Kakao, Brötchen und Salami geholt.
Am Laden aß ich noch und unterhielt mich mit einem LKW-Fahrer der dort ebenfalls kurz Pause machte. Er erzählte mir, er fährt LKWs mit einem Großtransport. Dafür erhält er eine Genehmigung, damit er ab 21 Uhr fahren darf. Aber da seine Ladung früher da sein muss, erhielt er eine Genehmigung für die Genehmigung damit er ab 19 Uhr fahren darf, wie kompliziert. Anstatt es in der ersten Genehmigung das zu schreiben, braucht man ein Papier um das andere Papier zu umgehen. Wir lachten ein wenig darüber. Er erzählte mir auch, dass die Kontrollen in den letzten Jahren sehr viel öfter vorgenommen werden, was den Zeitplan den Fahrern natürlich durcheinander bringt.
Wir verabschiedeten uns und ich fuhr nördlich von Magedeburg weiter, ich wollte zu einem Kanal, der mich dann gemütlich Richtung Burg führen sollte.
Da fing der Spaß aber an: Ich kam zum Kanal und fuhr auf den Radweg, der mit tiefen Kies versehen war. Meine Räder versanken schön da drin. Jetzt fuhr ich mit einem überladenen Rad deren Räder sich immer wieder im Kies versanken, dazu wehte ein schön kräftiger Gegenwind. Es war so, als hängt sich jemand an das Rad dran und versucht mich zu aufzuhalten.
Nach quälenden 2 Kilometern stand ich unter einer Brücke vor einem Bagger und einem Zaun mit einem Schild, dass es dort nicht weiter geht. Also wollte ich rüber auf die andere Kanalseite. Rauf auf die Brücke und rüber. Natürlich, es gab noch keinen Weg für Fahrräder runter auf die andere Seite. Zu Fuß könnte ich dort runter klettern, aber mit dem Gepäck, keine Chance. Ich fuhr die Brücke runter um Wasser zu lassen (nein, keine Bremsen!, schon lange keine mehr gesehen). Ich wusste jetzt nicht wie ich weiter fahren sollte, bloß nicht nach Magedeburg rein! Dann kam mir ein älteres Pärchen entgegen, ich fragte sie, wie ich nach Burg komme. Nach einer längeren Unterhaltung kam der Mann mit mir ein Stück mit um mir den Weg auf die andere Kanalseite zu zeigen, sehr nett von ihm 🙂 Man musste ca. einen Kilometer die Strasse entlang fahren und dann rein in ein Feldweg und wieder zurück. Woher soll man das wissen?
Diese Kanalseite war nicht so schlimm wie die andere, der Weg war hier härter. Ich hatte noch ca. 30 – 40 km bis Genthin, also humplete ich mutig weiter. Ich war relativ fertig und ahnte dass ich es nicht schaffen werde. Wenn ich schon solche Gedanken habe, dann werde ich es auf keinen Fall bis Genthin schaffen. Die Dörfer haben mich wohl zu fertig gemacht, außerdem hing ich eh ca. 30 – 50 km hinter meiner Route.
Ich fuhr ca. 4 Kilometer und stand vor einer tiefen Grube mit vielen Baggern, Kiesabbau oder ähnliches! Ich fragte einen Arbeiter im Auto wie ich dort jetzt weiter komme. Er sagte mir, ich müsse wieder rüber auf die andere Seite. Also quälte ich mich 2 Kilometer zurück zu einer Brücke wo ich vom Kanals runter konnte.
Leider war dort kein Weg um auf die andere Seite wieder hoch zu kommen. Ich wollte eine junge Frau nach dem Weg fragen, aber sie hatte wohl Angst und fuhr mit ihrem Fahrrad schnell weiter. Ein unrasierter mit kaputtem Strohhut und einer Wasserflasche in der Hand, da hätte ich sicherlich auch Angst 😀
Naja, ein Mann sagte mir den Weg, also hin und schob mein Fahrrad den Kanal wieder hoch. jetzt fuhr ich glücklich weiter. Lächelte kurz den Abbau auf der anderen Seite an und fuhr weitere 2 – 3 Kilometer weiter und stand wieder vor einem Zaun! Jetzt habe ich aber so was von die Schnauze voll gehabt! Ich hatte absolut kein Bock mehr auf diese Wege hier, ich wollte nur hier raus und weiter fahren, egal wie! Ich fuhr ca. 2 Kilometer zurück und fand eine Art Weg runter vom Kanal. Unten angekommen durch einem Zaun durchgequetscht sah ich Menschen, viele Meschen! Ich hielt ein Auto an fragte nach dem Weg. Er sagte mir, ich sollen die Strasse auf der ich drauf bin weiter fahren. Jemand anderes sagte mir auch, hier sei ein Campingplatz am See!!! Vielleicht genau das richtige für mich, ausruhen, zu Ruhe kommen, was essen und schwimmen gehen.
Ich bezahlte 9 Euro für eine Nacht, ab 20 Uhr ist im See schwimmen kostenlos. Für meine letzten 5 EUR die ich in der Brieftasche hatte, kaufte ich mir 2 Mahlzeiten. Mehr Geld konnte ich leider nicht mehr abheben, da der Automat zu weit sei und ich zu kaputt
In das 2. Menü (gebratene Nudeln mit Gemüse) mischte ich meine Salami noch mit rein, die musste ja schließlich weg. Ich baute mein Zelt auf, unterhielt mich mit paar Leuten, die mich beneidet haben 🙂
Ich zog einige Schrauben an, korrigierte meine Bremsen und schaute mich alles genau am Fahrrad an.
Abends schwamm ich im See den Sonnenuntergang entgegen, ein schöner Moment für mich. Das gab mir wieder viel Kraft und ich konnte diese nervige Fahrt bisschen vergessen. Unglaublich, ich hatte jetzt sogar fließendes warmes Wasser gehabt! Ich konnte warm duschen, wow. Meine Güte wo rüber man sich auch freuen kann.
Nun musste ich noch meine Route ändern, da ich nicht über den Kanal fahren konnte. Ich überlegte mir über Heinrichsberg bis nach Niegripp zu fahren. Dazwischen ist die Elbe. Umweg, aber Augen zu und durch. Ich legte mich gegen 22 Uhr schlafen und schlief sofort ein.
Musik, Wasser, Karten und Essen waren mir auf dieser Fahr am wichtigsten. Die ganze Fahrt war eine reine Kopfsache, es war zum Teil recht langweilig. Ich sah zwar einige vermutlich Falken, die über ein Feld flogen um nach Mäusen zu suchen, dieser schöner Augenblick gab mir zwar Kraft, aber trotzdem war diese Fahrt im Niemandsland hart. Motivation war aber immer noch bisschen vorhanden. „Bin ich schon so weit gekommen, die letzten 200 km schaffe ich auch noch!!!“, sagte ich mir immer wieder. Zudem habe ich versucht nie daran zu denken sondern mich abzulenken.
Dafür konnte ich mich gut erholen. Mein Knie ist leider nicht besser, aber nicht schlechter geworden. Es tat immer noch weh. Unglaublich wie viel mein rechtes Bein aushielt. Mein Hintern tat weh, war aber nicht so schlimm, Gott sei Dank habe ich mir einen Ledersattel geholt. Leider waren alle 4 Fingerkuppen taub. Rückenprobleme hatte ich nicht.
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